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Edge Interconnection – wo und wie die Datenströme der Zukunft fließen

Ivo Ivanov, CEO DE-CIX International
November 2019

Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie Geschäfte getätigt werden. Wir stehen an der Schwelle zu einem völlig neuen Zeitalter in der Weltwirtschaft, in dem Unternehmen, unabhängig von Größe und Herkunft, ihre Aktivitäten und die Branchenaufteilung auf der Grundlage der Digitalisierung neu definieren. Unternehmen nutzen ihre digitale Stärke, um ihre eigenen Geschäftsmodelle und die Art und Weise, wie Geschäfte innerhalb von und über ganze Sektoren hinweg abgewickelt werden, neu zu gestalten. Das betrifft Branchen wie Automotive und Mobility, Gesundheitswesen, Finanzen und Medien gleichermaßen.

Da diese immer digitaler werden, benötigen Unternehmen eine neue, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Interconnection-Service-Verwaltung. Neue und transformative Technologien wie IoT, künstliche Intelligenz und 5G beschleunigen das Tempo des Wandels in den Märkten rund um den Globus. Diese disruptiven Elemente lassen sich als Treiber der digitalen Interconnection charakterisieren. Darum herum werden in Zukunft neue Innovationen entstehen, die ihrerseits wieder einen höheren Bedarf für periphere Vernetzung, also Edge Interconnection, generieren. Denn mit Hilfe von Edge Interconnection ist es möglich, die immer weiterwachsende Menge an Daten direkt an der Schnittstelle zwischen der digitalen und der analogen Welt zu verarbeiten, also „closer to the edge“. Diese intelligente Weiterverarbeitung findet somit hautnah am Geschehen statt und spart wichtige Latenz sowie überflüssige Datenwege ein. Wie die einzelnen Komponenten am besten zusammenspielen, zeigt das digitale Interconnection Dreieck.

„Herz, Hand und Hirn“ für die Innovation von morgen

Edge Interconnection erfordert eine neue Art des Umgangs mit Datenströmen sowie der Vernetzung von Akteuren innerhalb eines Ökosystems. Die Schlüsselfaktoren (wenn man so will, das Herz, die Hand und das Gehirn zukünftiger Innovationen), die die Edge-Verbindungen beeinflussen, sind:

5G (das Herz):

5G ermöglicht die Verwaltung vieler verschiedener Frequenzen und die Übertragung zahlreicher Datenströme. 5G wurde in erster Linie für die Datenübertragung von einer Vielzahl von Sensoren entwickelt und bildet die Grundlage für zukünftige Entwicklungen im Internet der Dinge (IoT).

IoT (die Hand):

Das IoT übernimmt die ausführende Funktion in der Welt der digitalen Interconnection. In einer 5G-fähigen Umgebung wird es möglich sein, eine enorme Anzahl von Geräten auf engstem Raum anzuschließen. Damit wird der Weg frei für die Digitalisierung von immer mehr rein mechanischen Prozessen. Aber die Bewältigung der enormen Anzahl von Sensoren und Datenströmen, die in Zukunft zum Internet der Dinge führen werden, wird ohne die Unterstützung der künstlichen Intelligenz nicht möglich sein.

KI (das Gehirn):

Die KI ist in diesem System unerlässlich, um die logische Verwaltung von Datenströmen für innovative Anwendungsfälle und die dazugehörigen Ökosysteme zu schaffen. Nur so kann die Vernetzung von Millionen von Sensoren im Internet der Dinge effizient gesteuert werden. Die Lösung ist eine intelligent verwaltete, Software-definierte Edge Interconnection.

Jeder dieser Faktoren ist von den beiden anderen abhängig, und nur, wenn sie ineinandergreifen und zusammenarbeiten, können sie die digitale Evolution vorantreiben. Was daraus entsteht ist dann mehr als nur die Summe seiner Einzelteile.

Erschließung neuer Anwendungsfälle durch Edge Interconnection

Die Anwendungsfälle, die durch die neue Art der digitalen Interconnection möglich werden, sind vielfältig. Aktuelle Szenarien umfassen beispielsweise vernetzte Autos und andere autonome Fahrzeuge oder Landwirtschaft 4.0. In beiden Anwendungsfällen ist ein flächendeckender Einsatz von 5G-Masten, einschließlich Edge-Computing-Funktionen (Edge-Rechenzentren), und die damit verbundene Glasfaseranbindung an lokale Rechenzentren und regionale Cloud-Lösungen erforderlich. Für diese Anwendungsfälle werden IoT-Geräte und -Sensoren sowohl in der Landschaft (auf der Straße und im Boden zur Messung der physikalischen Bedingungen) als auch auf den mobilen Objekten benötigt. Ein vernetztes Auto wird eine Vielzahl von Sensoren beinhalten, kann aber andererseits auch selbst als ein mobiles Edge-Rechenzentrum betrachtet werden. Doch nicht nur in Autos, auch in Landmaschinen und -geräten wird es Sensoren geben. Ein Traktor kann dann beispielsweise mit einer Bewässerungsanlage kommunizieren.

Von diesem Zeitpunkt an müssen die Datenmassen, die durch den jeweiligen Anwendungsfall erzeugt werden, intelligent sortiert werden, unter anderem in: Daten, die lokal mit extrem geringer Latenz verarbeitet werden müssen, um schnelle Reaktionszeiten zu ermöglichen; Daten, die zur Verarbeitung in die Cloud geschickt werden können, wenn die Reaktionszeiten weniger kritisch sind; Daten, auf die bestimmte Akteure der Wertschöpfungskette zugreifen müssen; und Daten, die langfristig gespeichert werden sollen, gegenüber Daten, die einmalig benötigt werden und anschließend verworfen werden. Diese Liste ließe sich noch lange fortführen. Die Komplexität erfordert ein intelligentes Management der Datenströme.

Edge Interconnection – die nächste Generation von Interconnection-Lösungen

DE-CIX arbeitet an der Entwicklung einer Lösung, die auf der Berücksichtigung der drei Schlüsselfaktoren basiert. Software-definierte Internet Exchanges können durchaus eine Lösung sein, um diese Anforderungen nicht nur effizient und schnell zu erfüllen, sondern auch eine schnelle und kostengünstige Expansion der Interconnection-Branche mit weniger Abhängigkeit von Hardware zu ermöglichen. Software-definierte Infrastrukturen werden zudem mehr Dynamik bringen und die Produktivität fördern.

Software-definierte Internet Exchanges bilden die Basis für die kommenden Herausforderungen der Digitalisierung. Deren Erfolg wird wesentlich davon abhängen, wie gut wir die immensen Datenströme der Zukunft verwalten und verteilen können.