Frankfurt am Main. Vom Bergbau auf dem Mond bis hin zu humanoiden Robotern – die DE-CIX Experten Ivo Ivanov (CEO) und Dr. Thomas King (CTO) bewerten einige der spannendsten Trends und das notwendige Zusammenspiel der Kommunikationstechnologien. Fünf Trends, die die vernetzte Geschäftswelt, weitere Technologieentwicklungen und das Interconnection-Geschäft für 2025 – dem Jahr des 30-jährigen Jubiläums von DE-CIX – prägen werden.
1) Zukunftsfähige Volkswirtschaften – Keine Wertschöpfung ohne smarte Netze
Laut IDC wollen 80 % der CIOs weltweit künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung für höhere Agilität und Fakten-getriebene Entscheidungen nutzen. KI wird zum Kern intelligenter Geschäftsmodelle auf globaler Ebene. Das erfordert gleichermaßen intelligente IT-Infrastrukturen und Netzwerke, die auch agil und autonom skalierbar sind – ähnlich wie die sich selbst verwaltenden Systeme, Prozesse und Workflows in einer vernetzten Weltwirtschaft. „Standards, offene Architekturen und APIs werden das Netz von morgen interoperabel und intelligent machen“, erklärt Dr. Thomas King, CTO bei DE-CIX. Mit 5G Advanced, das 2025 weltweit eingeführt werden soll, werden jetzt die Weichen für die nächste Generation der mobilen Konnektivität gestellt. „In den folgenden Jahren wird dann 6G nicht nur bis zu 100-mal schneller sein als 5G, sondern KI zur Sicherung, Verwaltung und Steuerung von Netzen beinhalten. Dieses Intelligenzniveau wird für alle Konnektivitätstechnologien erforderlich sein, um künftige KI-gesteuerte Datenströme zu verwalten“, so Dr. Thomas King weiter.
„Wertschöpfung erfordert zukünftig intelligente Technologien. KI unterstützt nicht nur smartes Netzmanagement, sondern bietet operative Exzellenz für die gesamte Telekommunikationsbranche“, ergänzt Ivo Ivanov, CEO von DE-CIX. „Von der Netzoptimierung über die Energieeffizienz bis hin zur Fraud Detection (Betrugserkennung) und dem Kundenservice verbessern intelligente Lösungen jeden einzelnen Geschäftsprozess.“
2) Der „Internet Space Race“ spitzt sich zu
Satelliten in einer niedrigen Erdumlaufbahn (LEO) werden bald an jedem Ort allgegenwärtige Konnektivität bieten. Diese Vernetzung basiert auf den bisherigen Mobilfunkstandards und kann daher mit jedem herkömmlichen Smartphone genutzt werden. Damit lassen sich nicht nur Empfangslöcher wie in Deutschland schließen, sondern auch Hochgeschwindigkeitsverbindungen mit geringer Latenzzeit auf dem Meer oder erstmals an jedem Flugzeugsitzplatz gewährleisten. Verbindungen werden dort geschaffen, wo sie bisher nicht möglich waren. „Die Satellitenübertragungstechnologie bietet den dringend notwendigen Anschluss für Milliarden von Menschen, die heute aufgrund eines begrenzten oder nicht vorhandenen Zugangs zum Internet benachteiligt sind“, sagt Ivo Ivanov. „Deshalb wird sich 2025 der Wettlauf um das Internet im Weltraum verschärfen“, fügt Dr. Thomas King hinzu. „Ein Wettlauf, den nur Internetknoten wirklich in Gang bringen können, indem sie Datenpakete mit minimaler Latenz über alle miteinander verbundenen Plattformen austauschen.“
Unternehmen, die sich mit der Erforschung des Weltraums befassen, haben großes Interesse am milliardenschweren Potenzial des Abbaus von Asteroiden und des Mondgesteins, um beispielsweise Helium-3 für Quantencomputeranwendungen zu gewinnen. „Ohne Rechenleistung und Konnektivität im Weltraum und auf der Mondoberfläche wird das jedoch nicht möglich sein“, erläutert Ivo Ivanov. Zahlen des Weltwirtschaftsforums und von McKinsey untermauern dies: Beide Quellen gehen davon aus, dass die internationale Raumfahrtindustrie bis 2035 ein Volumen von fast 1,3 Billionen US-Dollar haben wird, verglichen mit 630 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023.
3) Selbstfahrende Autos auf dem Weg zum Mainstream
Es wird prognostiziert, dass 2025 zunehmend autonome Fahrzeuge auf den Straßen fahren werden. Die ersten Robotaxis mit autonomen Fahrsystemen der Stufe 4 (hochautomatisiert, aber mit menschlicher Kontrollmöglichkeit) sind bereits in mehreren US-Städten unterwegs. Andere Automobilhersteller planen, autonome Fahrzeuge der Stufe 3 (hochautomatisiertes Fahren, bei dem der Fahrer den Blick von der Straße nehmen kann und anderen Tätigkeiten beim Fahren nachgehen darf) und Stufe 4 im Jahr 2025 in verschiedenen Ländern einzuführen. Diese Fahrzeuge sind auf leistungsstarke und zuverlässige drahtlose Konnektivität angewiesen – sowohl mobil als auch per Satellit – um die Sicherheit der Fahrzeuge und ihrer Insassen zu gewährleisten und sie mit Daten nahezu in Echtzeit zu versorgen Das führt sogar dazu, dass die Automobilhersteller beginnen, ihre eigenen LEO-Satellitenkonstellationen als Teil ihrer globalen Netze aufzubauen.
„Diese Netze müssen nahtlos und mit geringster Latenzzeit mit KI-Clouds sowie mit den relevanten Content- und Anwendungsnetzen verbunden sein“, betont Ivo Ivanov. Um die Nutzung von KI für verschiedene Branchen zu erleichtern, hat DE-CIX 2024 als erster Betreiber weltweit das Konzept des KI Exchanges für eine robuste und widerstandsfähige Konnektivität zu KI-Clouds und KI-as-a-Service-Anbietern eingeführt. „Es geht zukünftig um höchste Performance, Sicherheit, Compliance und Einfachheit, damit KI in Aktion seine Magie entfalten kann“, so Ivanov.
4) Humanoide Roboter halten Einzug in Fabriken und Haushalte
Humanoide Roboter haben seit dem Aufkommen der generativen KI riesige Entwicklungssprünge gemacht. Sie können heute mit Menschen kommunizieren, Neues erlernen und ihr Verhalten dynamisch anpassen. „Neben der Möglichkeit, von Menschen zu lernen, wird die Fähigkeit, neue Skills aus der Cloud herunterzuladen oder Informationen zwischen verschiedenen Robotern auszutauschen, die Vielseitigkeit und den Mehrwert von Robotern erheblich steigern“ sagt Dr. Thomas King. Schon im Jahr 2024 haben mehrere Automobilhersteller humanoide Roboter in ihren Produktionsstätten und Logistikabteilungen getestet. Es wird erwartet, dass Roboter ab 2025 in begrenztem Umfang kommerziell verfügbar sein werden, wodurch sie bereits einige Haushalte und Arbeitsplätze unterstützen werden. In den USA und Europa ist eine Massenverfügbarkeit ab 2026 vorgesehen, während China bereits 2025 eine Masseneinführung plant. Bis 2030 wird ein weltweiter Markt für humanoide Roboter von fast 10 Milliarden US-Dollar prognostiziert.
„Da die Arbeitswelt die nächsten Schritte in Richtung einer hybriden Umgebung aus Menschen und Maschinen macht, steigt die Notwendigkeit für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI“, sagt Ivanov. Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2030 bis zu 30 % der heutigen Arbeitsstunden automatisiert werden können. „KI wird neue Rollen schaffen und Arbeitskräfte für andere Aufgaben freisetzen. Menschen werden sich künftig stärker auf Bereiche fokussieren, die KI nicht lösen kann. Und KI kann Unternehmen auch dabei unterstützen, für ihre Mitarbeiter neue Fähigkeiten zu entwickeln und Rollen zu wechseln“, ergänzt Ivanov.
5) Disaggregierte Datenverarbeitung ermöglicht künftiges KI-Training
Die Art und Weise, wie Unternehmen große Sprachmodelle (LLMs) trainieren, wird sich bald ändern: „Während bisher große, zentralisierte Rechenzentren genutzt wurden, um Rechenlasten auf parallelen Clustern schneller zu verarbeiten, müssen KI-Modelle zukünftig dezentral trainiert werden“, sagt Dr. Thomas King. „Das ist schon deshalb notwendig, weil der Platz für Rechenzentren überall begrenzt ist.“ Die Lösung bieten KI Exchanges, die disaggregierte Datenverarbeitungen und KI-Services über Hochgeschwindigkeitsverbindungen vernetzen können“, erläutert Ivo Ivanov. „Diese Exchanges sind bereits auf kommende Technologiesprünge im KI-Markt vorbereitet.“
Das neue Ultra Ethernet treibt den Trend zum disaggregierten Computing voran. Es löst die Hardwareschnittstelle InfiniBand ab. Bisher durften Computer und Speicher, die in einem KI-Rechenzentrum über InfiniBand verbunden waren, in der Regel nur wenige Meter voneinander entfernt sein. „Ultra Ethernet kann jetzt größere Entfernungen überbrücken“, so Dr. Thomas King. „Dieser Standard ist weniger komplex, einfacher zu handhaben, basiert auf der etablierten und weit verbreiteten Ethernet-Technologie und ermöglicht das Training großer Sprachmodelle auch in einem Ballungsraum, wo es wenig Platz für neue Hyperscaler gibt.“ Hochgeschwindigkeitsverbindungen für genau diese Anwendung sind bereits Teil der Norm – und voraussichtlich auch ein wichtiger Teil der Problemlösung, um dezentrale Rechenzentren genau dort zu betreiben, wo noch Platz und Energie-Ressourcen zur Verfügung stehen.
DE-CIX: 30 Jahre neutrale Vernetzung
Ob in selbstfahrenden Autos, autonomen Netzwerken oder disaggregierten IT-Architekturen: „Konnektivität ist die Essenz jeder Anwendung von künstlicher Intelligenz“, sagt Dr. Thomas King. „Die 30-jährige Geschichte von DE-CIX zeigt, wie wichtig ein neutrales und vernetztes Internet für die Wirtschaft und den globalen Wohlstand ist“.
„Zuverlässige, hoch performante Konnektivität ist für Städte, Länder und Kontinente geschäfts- und gesellschaftskritisch“, ergänzt Ivo Ivanov. „In unserem Jubiläumsjahr 2025, wenn aus Science Fiction Realität wird, werden wir nicht nur unsere gemeinsamen Erfolge mit Mitarbeitern, Partnern, Kunden und Freunden feiern, sondern auch unser neutrales Netzwerk gemeinsam weiter ausbauen.“ Und ganz gleich ob auf der Autobahn, in Produktionsstätten oder auf der Mondoberfläche: Die Latenzzeit ist die Währung, die den Erfolg von KI-Anwendungen bestimmt. Unternehmensdaten von IDC und DE-CIX in EMEA zeigen: 14 % erwarten, dass ihre Cloud-Nutzung durch einen erhöhten Bedarf an leistungsfähigen Netzwerkverbindungen für KI-Anwendungsfälle beeinträchtigt wird. Und 22 % haben große Bedenken bezüglich Leistung und Latenz, wenn sie KI in der Cloud nutzen wollen.