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DE-CIX präsentiert 5 Tech-Trends für 2023 

Von Dr. Thomas King, CTO DE-CIX
Dezember 2022

2023

Multi-Cloud, 5G und das Metaverse – im neuen Jahr warten eine ganze Reihe spannender Entwicklungen in der Tech-Welt auf die Branche. Dr. Thomas King, CTO von DE-CIX, hat fünf Trends identifiziert, die das Interconnection-Geschäft und die vernetzte Welt 2023 prägen werden. 

1. Verschiedene Clouds besser verbinden

Die Cloud ist inzwischen ein integraler Bestandteil der IT-Infrastruktur fast jedes Unternehmens. DIE Cloud kann aber auch zum Risiko werden, wenn man sich nur auf eine konzentriert – das sogenannte „Cloud Concentration Risk“. Um zu vermeiden, in Abhängigkeit von nur einem einzigen Anbieter zu geraten, setzen immer mehr Unternehmen auf eine Multi-Cloud-Strategie. Diese hat darüber hinaus den Vorteil, dass sich Unternehmen die jeweils besten Angebote von verschiedenen Anbietern heraussuchen können, um sich ein individuelles Cloud-Service-Portfolio zusammenzustellen. Eine solche verteilte Infrastruktur hält allerdings auch neue Herausforderungen bereit und begünstigt die Entstehung von Silos. Einzelne Anwendungen oder Workloads könnten in lediglich einer bestimmten Cloud „gefangen“ sein. Außerdem bieten einige Provider proprietäre Cloud-Anwendungen an, die nur von ihrer eigenen Plattform aus zugänglich sind. Um auch in dieser komplexen Umgebung effizient arbeiten zu können, ist Cloud-zu-Cloud-Konnektivität zentral. 2023 werden wir erleben, dass sich Cloud-Router auf Interconnection-Plattformen verbreiten werden. Sie sorgen für hochperformante Verbindungen mit geringer Latenz und hoher Bandbreite zwischen den verschiedenen Clouds. Das verbessert die Interoperabilität zwischen Cloud-Umgebungen und ermöglicht die Synchronisierung von Daten, auch wenn sie bei unterschiedlichen Providern in verschiedenen Anwendungen liegen. So erhält Multi-Cloud einen weiteren Schub, da die Strukturen einfacher zu verwalten sind und zusätzlichen Schutz für kritische Unternehmensdaten bieten.

2. 5G wächst weiter

Anders als frühere Mobilfunknetzgenerationen ist 5G keine einzelne Technologie. Stattdessen handelt es sich um eine Reihe unterschiedlicher Standards, die verschiedene Merkmale auf mehreren Ebenen umfassen. Dazu gehören die verwendete Frequenz, die Modulation und das Multiplexing sowie die Latenz. Auch wenn 5G bereits seit Jahren ein mediales Thema ist und viele Smartphones inzwischen über den Standard verfügen, ist die breite Einführung noch in einem frühen Stadium. Wenn Unternehmen zum Beispiel beginnen, 5G in großem Umfang für das Internet der Dinge zu nutzen und zu vermarkten, wird sich der Technologie-Stack weiterentwickeln, um die wachsenden kommerziellen Anforderungen zu erfüllen. 5G ist ein echter Meilenstein in der Technologiegeschichte: Es kann Spitzen-Datenraten von bis zu 20 Gbit/s ermöglichen, mit bis zu einer Million angeschlossener Geräte pro Quadratkilometer. Die Datenübertragung erfolgt dabei mit einer Latenzzeit von nur einer Millisekunde. Mit diesen Leistungswerten hat 5G das Potential, die verarbeitende Industrie zu revolutionieren. Hersteller aus der Automobilbranche wie BMW, Mercedes-Benz, VW und Ford setzen beispielsweise auf eigene 5G-Campusnetze für industrielle IoT-Anwendungen. Das volle Potenzial von 5G wird sich zwar erst innerhalb der nächsten zehn Jahre offenbaren, doch bereits 2023 können wir weitere spannende Anwendungsfälle erwarten.

3. Resiliente Konnektivität aufbauen

Für digitale Unternehmen ist Vernetzung essenziell. Drohende Ausfälle von Strom- oder Telekommunikationsnetzen könnten sie jedoch von wichtigen Daten abschneiden. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Aufbau einer redundanten Infrastruktur an Bedeutung. Unternehmen werden sich im neuen Jahr verstärkt damit befassen, wie sie ihre Verbindungen durch Redundanz vor Ausfällen schützen können. Durch den Aufbau mehrerer Redundanzschichten ist es möglich, die digitale Infrastruktur eines Unternehmens für kritische Datenströme so zu gestalten, dass „Single Points of Failure“ vermieden werden. Redundanz bezieht sich hierbei auf verschiedene Bereiche: Verwendung von Servern, Routern und anderen Netzwerkkomponenten unterschiedlicher Bauart und von verschiedenen Herstellern. Hinzu kommt die Sicherstellung der geografischen Verteilung der Datenspeicherung auf mehrere Rechenzentren und die Verwendung von redundanten, sich nicht überschneidenden Glasfaserstrecken zur Verbindung der verschiedenen Standorte ebenso wie Geschäftsbeziehungen mit unterschiedlichen (Cloud-)Anbietern, um Konzentrationsrisiken zu vermeiden.

4. Code-basierte Netzwerke: Tellus schlägt Wurzeln

Digitale Infrastrukturen werden für Unternehmen immer wichtiger aber auch immer komplexer und schwieriger zu verwalten, was IT-Teams zunehmend vor Probleme stellt. Hier kommt Network as Code ins Spiel. Diese Technologie erlaubt es, mithilfe programmierbarer Komponenten Netzwerkarchitekturen als Software abzubilden. So können alle Vorteile einer Software-Lösung genutzt werden, wie Wiederholbarkeit, Versionierung und kontinuierliche Konfigurationsautomatisierung. Im Rahmen des Tellus Projekts, das Teil der europäischen Infrastrukturinitiative Gaia-X ist, entsteht eine derartige Umgebung, die die gesamte Wertschöpfungskette von Interconnection-Services einbezieht. Es handelt sich dabei um ein softwarebasiertes Netzwerk mit integrierten Software-Instanzen und homogenen Schnittstellen, das über die Grenzen einzelner Anbieter hinausgeht und unabhängig vom öffentlichen Internet bleibt, obwohl es dessen Infrastruktur nutzt. Die Software TellusX wird sowohl auf Geräten als auch auf Komponenten von Cloud- und Netzwerkdiensten installiert. Alle Tellus-fähigen Geräte, Anbieter und Dienste können automatisiert miteinander kommunizieren, ihre Anforderungen bekannt geben und deren Einhaltung bestätigen. Damit werden sichere, leistungsstarke und automatisierte Verbindungen zwischen bestimmten Standorten und zu Cloud-Service-Anbietern, die für den jeweiligen Anwendungsfall konfiguriert sind, möglich – ohne manuellen Konfigurationsaufwand. Die ersten Versionen von TellusX sollen im Jahr 2024 einsatzbereit sein.

5. Das Fundament für Metaverse und Co. wird gelegt

Das Internet der Zukunft wird definitiv anders aussehen als alles, was wir heute kennen. Nutzer werden sich dort vollkommen anders bewegen. Begrifflichkeiten dafür gibt es viele, von web3 über Metaverse bis hin zum immersiven Internet. Allen gemein ist: Dahinter steckt eine enorme technologische Konnektivität und höchste Anforderungen an die Datenübertragungsnetze sowie eine an die menschliche Wahrnehmung angepasste Latenz im einstelligen Millisekunden-Bereich. Damit sich die Science-Fiction von heute in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich zur Realität entwickeln kann, muss jeder von uns mit Hochleistungs-VR-Geräten ausgestattet sein, die in einem feinmaschigen Netz von Hochleistungsnetzwerken miteinander verbunden sind, um die synchrone und nahtlose Übertragung von Video-, Audio-, sensorischen und Cyber-Standortdaten sowie von unserem physischen Standort zu gewährleisten. Hier reicht kein singulärer Ansatz einzelner Anbieter; bei der infrastrukturellen Umsetzung des Metaverse ist die Kollaboration verschiedener Anbieter der Schlüssel, um ein zukunftsfähiges Hochleistungsinternet aufzubauen.